Beton für die Seele

Architektur, das ist der Begriff für die Gestaltung eines Raumes, eines Gebäudes, nach praktischen und nach gestalterischen Gesichtspunkten. Über deren Umsetzung kann man streiten oder es lassen. Man ist von der sichtbaren Architektur angetan, gelangweilt oder entsetzt. Dabei wird in der Regel das geschaffene Gebäude über ein Bild an den Konsumenten vermittelt. Und so entscheidet eher das Bild von dieser Architektur über das Empfinden des Beobachters als vielleicht die Architektur selbst.

Die Gestaltungslehre der Architektur zeigt durchaus Parallelen der Gestaltungslehre eines Bildes, eines Fotos. Das ist alles andere als ein starres Dogma, es ist vielmehr die Kunst, sich in den Wahrnehmungsprozess eines Menschen hinein zu versetzen.

So wird sich ein guter Architekturfotograf zunächst in die Sichtweise des Architekten hineinversetzen zu versuchen. Das wird ihm nur teilweise gelingen, denn ein Bild besteht aus gleich vielen Varianten, wie es Betrachter hat. Und doch hilft allein der Versuch, die Idee, den Gedanken des Architekten zu entdecken und ihm visuell innerhalb und außerhalb der Gebäude zu folgen.

Schaffe ich es, die Gedanken des Architekten in Bildern umzusetzen, dann ist die Chance groß, dass die Architektur auch angenommen wird. Vorausgesetzt, der Architekt hat sich selbst mit seiner Aufgabe auseinandergesetzt und eine Idee entwickelt anstatt eine Kopie zu vermarkten.

Die Wahrnehmung der Architektur ist es, die Menschen zu einem Ort zieht und sich genau hier wohlfühlen lässt. Das ist heute schwieriger als vor einer Zeit ohne Internet. Denn das Internet wird mit Bildern zu jedem Quadratmeter der Erde geflutet von Fotografierenden, die sich in der Regel nicht mit dem Gedanken der Architektur auseinander setzen, genauso wenig mit der Gestaltungslehre eines Bildes. Und so kommt es, dass von einer Architektur möglicherweise ein ganz falsches Bild transportiert wird als es das Gebäude verdient hat.

Gute Architekten sind detailverliebt und: Sie sehen das Umfeld und beziehen es mit ein. Zugegeben, es gibt so viele oder wenige gute Architekten wie Fotografen. Im Idealfall ist es aber der Fotograf, der eine gute Architektur sichtbar macht. Denn er grenzt die Perspektive ein, umreißt die geschaffenen Details und er entscheidet, wie viel Farbe er zeigt. Der Fotograf hilft dem Konsumenten, dem Architekten zu folgen.

Für diesen Beitrag haben wir zwei Traditionsunternehmen besucht, welche in den letzten Jahren in gute Architektur investiert haben, um Menschen für ihre Marke zu gewinnen. Die Ergebnisse der modernen Architektur haben wir mit traditionellen Mitteln sichtbar gemacht.

Die Autostadt in Wolfsburg und der neue Sitz der Leica Camera AG sind in traditionellem Reportagestil fotografiert, in analogen kontraststarken Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Dabei kam in der Autostadt der durchaus raubeinige und robuste Klassiker Kodak Tri X zum Einsatz, um den Aufnahmen des kühlen und harten Beton eine gewisse Weichheit und einem nostalgischen Charme zu geben. Die Innen- und Außenaufnahmen der Leica Camera AG wurden dagegen mit dem modernen scharfen und feinkörnigeren Kodak Tmax 400 umgesetzt, um die Klarheit der Fotografie zum Ausdruck zu bringen.

Eingesetzt haben wir eine analoge Leica M mit dem moderatem Weitwinkelobjektiv 2.8/28 asph. new und einem zur Kontraststeigerung vorgesetzten Orangefilter. Die Aufnahmen kommen ohne Nachbearbeitung aus.

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